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Haushaltsrede DIE LINKE Fraktion 2023

Harry Gohr

Herr Bürgermeister,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

verehrte Gäste

An dieser Stelle möchte ich mich für die bisher geleistete Arbeit bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, die teilweise bis an die Grenzen ihres Möglichen gegangen sind, bedanken.

Im Rahmen der letzten Ratssitzung haben Sie gesagt: Herr Bürgermeister, dass Velbert widerstandsfähiger gemacht werden muss und dafür Sorge zu tragen ist, dass sich unsere Bürgerinnen und Bürger wohl und geborgen fühlen. Dieser Aussage stimme ich vollumfänglich zu. Aber welche Kriterien müssen erfüllt sein damit alle Bürgerinnen und Bürger unsere Stadt als lebenswert empfinden, damit die Menschen gern in dieser Stadt leben und arbeiten wollen?

 

Ich nenne einige für sehr viele Menschen wirklich wichtige Faktoren:

 

  • eine ausreichende Zahl an Wohnungen mit sozialen und bezahlbaren Mieten,

  • genügend Kinderbetreuungsplätze in Kitas und in der Kindertagespflege gemäß dem gesetzlichen Anspruch,

  • gute Schulen - modern ausgestattet, gut erreichbar und - bitteschön - auch mit ordentlichen Toiletten,

  • Treffpunkte für Jugendliche, (auch außerhalb der Jugendzentren), warum nicht selbstverwaltet?

  • Ein attraktiver öffentlicher Nahverkehr mit ausreichenden Kapazitäten zu den Stoßzeiten,

  • für die Freizeitgestaltung geförderte örtliche Kultur- und Sportangebote, ein reges buntes Vereinsleben,

  • vielfältige Einkaufsmöglichkeiten, lebendige Quartiere,

  • ein gepflegter öffentlicher Raum, der gern von unseren Bürgerinnen und Bürgern genutzt wird, auch nach Ladenschluss

  • eine intakte Umwelt, deren Wert erkannt und die umfassend geschützt wird,

  • keine Angsträume, nirgendwo

 

Um dieses Idealbild zu erreichen bedarf es noch erheblicher Anstrengungen im Bereich Soziales, Stadtentwicklung und Klimaschutz. Dazu gehört, insbesondere jede Anstrengung im Bereich der Kinderarmut, denn wenn dieser Kreislauf nicht durchbrochen wird, haben wir eine verlorene Generation. Die Einführung des Velbert Passes wäre eine Hilfe für die berechtigten Personengruppen und muss schnellstmöglich realisiert werden.

Vor allen Dingen ist es ein Unding, Stellen im sozialen Bereich nicht zeitnah besetzen zu wollen, sondern mit einem Sperrvermerk zu belegen.

 

 

 

Meine Damen und Herren,

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

Wir alle reden heute über den Haushalt und damit über die nähere Zukunft unserer Stadt wer soll das bezahlen?

Es bleibt festzuhalten, dass vor der Stadt Velbert große Aufgaben stehen, die DIE LINKE in diesem Haushalt nicht abgebildet sieht

Sicher gibt es eine Reihe von schwerwiegenden Faktoren die wir alle nicht beeinflussen konnten beziehungsweise können, die aber immense Kosten verursachen, sind vom Bund und vom Land zu verantworten.

Wie auch immer die Ratsmehrheit heute entscheidet alle Gemeinden werden in den nächsten Jahren ins Straucheln kommen. Velbert ist da keine Ausnahme.

Die Schulden für Pandemie, Krieg und Energiekosten werden nicht durch Steuern für Einkommensstarke gedeckt, sondern als zinspflichtige Kredite in die Zukunft verschoben.Der haushaltspolitische Spielraum künftiger Stadträte in Velbert wird so eingeengt.

Die Linke hat die Schuldenbremse stets abgelehnt, sie ist ein untaugliches Instrument.

Denn Schulden müssen in besonderen Situationen gemacht werden wie man an den Sonderhaushalten sieht.

Die dadurch entstehende nachhaltig schlechte finanzielle Situation der Kommune allgemein, aber auch von Velbert wird durch die „legalen“ Schattenhaushalte zu Corona und zum Krieg nur verschleiert.

Unstrittig ist, dass Aufgaben den städtischen Haushalt belasten, die uns vom Bund oder vom Land aufoktroyiert werden, die diese aber nicht oder nur teilweise bezahlen, zum Beispiel der Anspruch auf einen Kitaplatz oder der Anspruch ab 2026/27 auf einen Platz in der OGS.

Wenn das Land NRW für die Schulpolitik zuständig ist, warum müssen die Kommunen dann die Schulen mit einem hohen Anteil von 20% bauen und auch noch unterhalten!

Damit werden die Städte und Gemeinden seit Jahren alleingelassen.

Die Anmeldezahlen an unseren beiden Gesamtschulen zeigen uns, dass Eltern und auch Schüler*innen diese Schulform positiv annehmen. Wir weisen jetzt schon darauf hin, dass eine dritte städtische Gesamtschule für Velbert nötig sein wird.

 

Meine Damen und Herren,

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Ich zitiere aus dem Bericht der überörtlichen Prüfung der Stadt Velbert durch die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen: Die Stadt Velbert hat ein strukturelles Defizit. Keine andere zum Berichtszeitpunkt geprüfte Vergleichskommune hat höhere Gesamtverbindlichkeiten je Einwohner als die Stadt Velbert.

Die Defizite gehen weiter:

Das Gemeinde Prüfungsamt empfiehlt einen Betrag von 1,30€ pro Meter für die Instandhaltung von Straßen, die Stadt Velbert investiert in ihre Straßen lediglich 76 Cent.

Überfällig ist seit langem die Ertüchtigung der Straßen und Fahrradwege, die Renovierung und die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude (z.B. Photovoltaik) eine Liste die beliebig fortgesetzt werden kann.

Ich zitiere weiter aus dem Bericht der überörtlichen Prüfung der Stadt Velbert:

Offensichtlich schlägt sich die hohe Wirtschaftsleistung der Velberter Unternehmen nicht automatisch in einer hohen Steuerkraft nieder. Auch die Kaufkraft der Bevölkerung ist nur durchschnittlich, somit profitiert sie von ihrer hohen Produktivität nur teilweise.

Die Erhöhung des Mindestlohnes ist nur ein Schritt in die richtige Richtung.

Weitere Probleme werden uns noch erreichen. Obwohl wir heute schon am Limit stehen sind die

tatsächlichen Kosten für die Geflüchteten, die schon da sind und die noch kommen werden heute noch nicht abschätzbar. Auch hier dürfen Bund und das Land die Mehrkosten nicht auf die Kommunen abwälzen.

DIE LINKE ist für die Gleichbehandlung aller Geflüchteten!

Das Gemeinwesen hat starke Schultern, die es aber nicht tragen. Zehn Prozent der Bevölkerung in Deutschland halten neunzig Prozent des Vermögens.

Wir dürfen die normalen Bürger*innen nicht überfordern. Der Staat muss ein für alle Bürger*innen lebenswertes Umfeld schaffen und mit dem Geld der Bürger sorgsam umgehen.

Mit einem Zitat von Johannes Rau schließe ich meine Rede:

Die Zukunft ist offen, sie ist kein unentrinnbares Schicksal und kein Vermächtnis. Sie kommt nicht einfach über uns, wir können sie gestalten mit dem was wir tun und mit dem was wir nicht tun.

Die Linke lehnt den vorliegenden Haushalt ab

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit