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Haushaltsrede 2018

Harry Gohr

im Rat der Stadt Velbert

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, Herr Peitz, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste.

Zunächst möchten auch wir uns bei der Verwaltung für die Zusammenarbeit bedanken, die trotz Mehrbelastung durch Stellenkürzungen auch in diesem Jahr gute Arbeit geleistet hat. Insbesondere bei der Kämmerei möchte ich mich bedanken, die widrigen Umständen zum Trotz ein gutes Arbeitsergebnis präsentiert.

Wieder einmal haben wir uns zusammen gefunden um den Haushalt zu verabschieden.
Wieder einmal geht es, wie auch in den letzten Jahren, um Kürzungen ... und wieder einmal geht es darum, einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen!

Natürlich freuen wir uns sehr über das neue Jugendzentrum „Villa B“ und bewerten das fertig gestellte Bürgerhaus in Langenberg, die Fortschritte bei der Entwicklung des Herrenhauses von Schloss Hardenberg und die Bemühungen für den Erhalt und die Neunutzung des Forum Niederberg sowie den geplanten Neubau des Museums als durchweg positiv.
Aber, Herr Bürgermeister, leider fällt es uns schwer, die sonstige Situation der Stadt aus dem Licht heraus zu betrachten, wie Sie in Ihrer Rede zur Vorstellung des Haushaltes 2018 einen Satiriker in die Pflicht nahmen. (Zitat von Professor Querulix, einem deutschen Aphoristiker und Satiriker: „Chancen und Risiko sagen das Gleiche, nur einmal von der Sonnenseite und einmal von der Schattenseite betrachtet“.)

Es fällt uns einfach sehr schwer, ewige Kürzungen – auf Grund des Stärkungspaktes – im Licht zu sehen. Kürzungen, die wieder den Abbau von Arbeitsstellen im nächsten Jahr bedeuten, auch das Jobcenter und die Musikschule betreffend.
Die Musikschule, die einen sehr guten Ruf hat, da bisher nur an der Quantität gekürzt wurde. Wie lange noch? Da ein Großteil der Kosten Personalkosten sind, wird dies nur eine Frage der Zeit sein. Instrumente und Kurse werden jetzt schon weggekürzt. Bleibende Qualität benötigt zudem bleibende Räumlichkeiten.
Kultur und Sport werden zunehmend stiefkindlich als ein „schön-wenn-man-es-hat“ verwaltet und nicht als gesellschaftlich verpflichtend. Gerade diese Bereiche sind nachweisbar ein Instrument zur Friedensschaffung, zur Integration und zum Zusammenhalt in einer mehr und mehr erkaltenden Gesellschaft.

Sie, werter Herr Bürgermeister, sehen den Haushalt für das Jahr 2018 als ausgeglichen an. Für uns LINKE stellt dieser angeblich ausgeglichene Haushalt keinen Wert an sich dar. Denn wodurch wurde dieser Ausgleich erreicht? Im Wesentlichen durch Kürzungen im sozialen, kulturellen und Sport-Bereich. Durch Arbeitsverdichtung bei Mitarbeitern und durch den oben erwähnten Stellenabbau in der Verwaltung.

Wir freuen uns mit Ihnen über eine positive Bevölkerungsentwicklung. Unsere logische Schlussfolgerung ist es jedoch, mehr Stellen zu schaffen, um die Verwaltung darin zu bestärken, das Mehr an Bewohnern gut zu verwalten – ohne eine Mehrbelastung der bleibenden Arbeitskräfte.

Sie reden über die Wichtigkeit gesellschaftlicher Aufgaben, die speziell den Bereich Jugend und Soziales betreffen – wir freuen uns auf die 2.900 Kindergartenplätze bis 2020/21. Leider – und da ist er, der Schatten – sehen Sie das problembeseitigende Heil maßgeblich in der Privatisierung dieses Bereiches.
Sie reden über die Wichtigkeit der Integrationsarbeit, die Wichtigkeit gesellschaftlichen Zusammenhalts, ein ansprechendes Bildungsangebot, Schaffung von Wohnraum - Sie denken an Gewerbe und Eigenheime.
Wir hoffen auf sozialen Wohnungsbau; 453 teure Eigenheime gegenüber nur 380 Geschosswohnungen – fast nie Sozialwohnungen – und fehlende bezahlbare altersgerechte Wohnungen lassen unsere Stadt immer weiter im Schatten stehen. Hier muss die Stadt bei der Planung von Bauvorhaben dementsprechend Einfluss nehmen. Es gibt Möglichkeiten beim städtischen Grundstücks-Verkauf Auflagen zu machen. In anderen Städten wird dies schon praktiziert.

Seit Mai 2012 nehmen wir am Stärkungspakt Stadtfinanzen teil. Als Stärkungspaktkommune erhält die Stadt Velbert seit 2014 eine jährliche Konsolidierungshilfe von 4,88 Millionen Euro durch das Land – 2017 letztmalig rund 2,4 Millionen Euro. Wir, die Stadt, setzen permanent die geforderten Maßnahmen um.
Maßnahmen, die uns Knebelverträge und Privatisierungen aufzwingen. Und dies bis 2021 - obwohl ab 2018 der Zuschuss ausbleibt. Wir sehen da leider wenig Licht. Aus dem Licht haben wir in Ihrer Rede vernommen, dass es neue Ausbildungsplätze in der Verwaltung geben wird. Wir erwarten von Ihnen eine schnellstmögliche Umsetzung.

Leider blendet das Licht, wenn Sie über neue Stellen und Gewerbebetriebe berichten: 20 % der Arbeitsplätze bundesweit - bestimmt auch in Velbert - sind befristet, mit Leiharbeit oder Mindestlohn-Stellen besetzt. Wo ist das Licht für die Menschen, die nicht wissen, wie sie mit ihrem Geld auskommen sollen um langfristig ihre Familien über die Runden zu bringen.
Haben Sie bei der Gewerbeentwicklung berücksichtigt, dass Industrie 4.0 auch Velbert betreffen wird? Wir hatten 2016 vertieft darauf hingewiesen: Darauf, dass die industrielle Entwicklung einen Abbau von Büro- und Fertigungs-Beschäftigung nach sich zieht. Hat Velbert diese Entwicklung einkalkuliert? Sieht man zudem die fortschreitende Filialreduzierung von Banken und Sparkassen, bei Krankenkassengeschäftsstellen sowie den gravierenden Stellenwegfall und die Auswirkungen in der Produktion? Beachten Sie zu Genüge den Einfluss auf Wohnungsbau und Sozialstandards? Wir haben da unsere Zweifel.

Sie, Herr Bürgermeister, sagen den Haushaltsausgleich voraus, dafür wurden drastische Kürzungspakete in Kauf genommen. Das ist für uns kein Grund zur Freude, da der Großteil in dem gesellschaftlich so relevanten Sozialbereich liegt. Das heißt: Dauerhafte Kürzungen bei Vereinszuschüssen, durch Erhöhung von Pacht- und Mietkosten, durch reduzierte Kinder- und Jugendarbeit, die Einstellung freiwilliger Förderungsmaßnahmen von Familienzentren, den Wegfall des Pausenfrühstücks für Förderschüler und durch Pauschalenkürzung für Sportvereine, im ÖPNV sowie durch Erhöhung von Steuern, wie der Grundsteuer B. Diese Maßnahmen wurden umgesetzt und sind keine Dinge auf die man stolz sein kann. Für DIE LINKE ist es nicht vertretbar, dass an den Kürzungsprogrammen festgehalten wird und Bürger durch Gebührenerhöhungen zur Kasse gebeten werden. Auch wenn das Haushaltsziel erreicht sei, zu dem sich die Mehrheit des Rates verpflichtet hat, deuten 130 Millionen Euro Cashpool für uns nicht wirklich auf Ausgeglichenheit hin. Wir haben eine CDU- Mehrheit auf Ortsebene: Da steht dann auf der Prioritätenliste, das die Positionen der Bundes- und Landesregierung umgesetzt werden. Daher wird im Rat auch selten über die Verminderung des städtischen Eigenkapitals gesprochen.

Sie versprechen positive Ergebnisse – insbesondere durch Gewerbesteuern ... obwohl Sie – nach eigener Aussage – die Risiken eher volativ bewerten – diese also nicht einschätzbar sind. Eine Erhöhung dieser Steuern wird nicht in Erwägung gezogen und somit ebenfalls nicht angesprochen.
Sie erwähnen die gute Konjunktur, denken aber leider nicht darüber nach, den dadurch geschöpften Mehrgewinn der Unternehmen anteilig, zum Wohle der städtischen Gemeinschaft, zu beanspruchen.

Herr Bürgermeister, Sie betonen, dass man jetzt Grundlagen für die Zukunft legen muss. Dazu gehört auch, dass die Chancengleichheit bei der Bildung, in Form einer zweiten Gesamtschule nicht weiter verzögert wird – Elternwille muss auch in Velbert berücksichtigt werden. Errichten Sie nicht immer neue Hürden! Beenden Sie Verzögerungstaktik und Fehlinformation wie mit der Biregio-Studie geschehen.
So wird nur Geld verbrannt - Geld, das an anderer Stelle fehlt. Die Bundesrepublik ist eines der reichsten Länder der Erde, die Steuereinnahmen auf Bundes- und Landesebene sprudeln. Städte dürfen daher nicht weiter finanziell austrocknet werden. Die Umsetzung dieser Regierungssparprogramme auf Kommunalebene zu Lasten der Bürger muss beendet werden. Kommunen benötigen eine bessere Umverteilung von Bundes- und Landesmitteln sowie einen Schuldenschnitt.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
wir würden gerne mit Ihnen ins Licht gehen: Fahren Sie Kürzungsprogramme und Gebührenerhöhungen zurück. Erhöhen Sie die Lebensqualität der Menschen in unserer Stadt. Wir stehen an Ihrer Seite, wenn städtische Finanzen künftig in diesem Sinne genutzt werden.
Aber Ihr bisheriges und jetziges Konzept ist nicht das Unsere. Eine Fortführung der Einsparpolitik lehnen wir weiterhin ab und werden dem Haushalt deshalb nicht zustimmen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!