"Heuschrecke" schließt Hertie in Mettmann und Alt-Erkrath
Einen Schutzschirm für die Arbeitnehmer und bürgerfreundliche Innenstadtkonzepte. Im Jahre 2005 verkaufte KarstadtQuelle 74 seiner Warenhäuser an eine sog. "Heuschrecke", an den britischen Finanzinvestor Dawnay-Day. Dieser gründete flugs zwei Unternehmen:
Einen Schutzschirm für die Arbeitnehmer und bürgerfreundliche Innenstadtkonzepte
Im Jahre 2005 verkaufte KarstadtQuelle 74 seiner Warenhäuser an eine sog. "Heuschrecke", an den britischen Finanzinvestor Dawnay-Day. Dieser gründete flugs zwei Unternehmen: Eine Immobilienfirma, die die Gebäude übernahm und eine Einzelhandelsgesellschaft, die das Warenhausgeschäft mit 73 Filialen unter dem Namen Hertie weiterführt. Jetzt konnte und kann Dawnay-Day die Warenhausgesellschaft Hertie systematisch ausschlachten, indem die Immobilienfirma als Eigentümerin der Gebäude von Hertie exorbitant hohe Mieten verlangt. Wie aus Kreisen der Insolvenzverwalter durchgesickert ist, soll es sich um "Wahnsinnsmieten" handeln, die weit über den marktüblichen Mieten liegen. Allein vom Hertie-Kaufhaus in Mettmann verlangt die Immobilienfirma des Finanzinvestors eine Jahresmiete von rund 572 000€ und hat somit etwa seit 4 Jahren 2 288 000€ kassiert. Wenn man dies auf 73 Warenhäuser in Deutschland hochrechnet, dann hat die Immobilenfirma von Dawnay-Day bis jetzt mindestens 167 Millionen eingenommen und jeden Monat kommen weitere Millionen hinzu.
Hertie wird verkauft:
Das aber ist noch nicht das Ende des Geldsegens. Die Firma Atisreal aus Berlin hat den Auftrag erhalten, nach und nach alle Gebäude der Hertie-Filialen in Deutschland an Interessenten zu verkaufen. Sechs Häuser sind bereits verkauft, jetzt sind die Hertiehäuser in Mettmann und Alt-Erkrath an der Reihe. Beide Filialen schließen am 8. März d. J., und parallel läuft der Verkauf der Gebäude. Die Einnahmen aus den Gebäudeverkäufen fließen nicht etwa der insolventen Einzelhandelskette Hertie zu, sondern sie werden von Dawnay-Day bzw. seinem Immobilienunternehmen vereinnahmt.
Die Dawnay-Day hatte von Anfang an mit ihrem Hertie-Deal nicht vor, die Einzelhandelskette zu sanieren und am Markt erfolgreich zu platzieren, sondern sie verfolgte das kurzfristige Ziel, schnell Gewinn zu machen. Was für "Heuschrecken" zählt, ist der Profit – das Kapital rausziehen und dann abstoßen. Genau das passiert jetzt auch mit den Hertie-Häusern in Mettmann und Alt- Erkrath. Das Geschäftsgebaren dieses britischen Finanzinvestors entspricht voll und ganz dieser "Heuschrecken", die ganz maßgeblich die derzeitige Finanzkrise mitverschuldet haben. So ist es nicht verwunderlich, dass Dawnay-Day in England selbst Insolvenz anmelden musste, denn diese Heuschrecken arbeiten meistens mit geliehenem Kapital, und Kredite sind derzeit wegen der Krise schwierig zu bekommen.
Die Wirtschaftskrise:
Nun sind Profitmacherei und Wirtschaftskrisen typische Kennzeichen einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung. Die jetzige Finanzkrise jedoch übertrifft alle Befürchtungen, und die zu erwartende Konjunkturkrise kann durch einen möglichen Zusammenbruch des Finanzsektors frühkapitalistische Ausmaße annehmen mit einer tiefgehenden Verarmung breiter Bevölkerungsschichten. Denn es ist nicht nur die Unterschicht betroffen, auch die Mittelschicht bricht langsam weg. Kaum jemand hat diese plötzlich auftretende Krise erwartet, geschweige den vorhergesagt. Man glaubte der Kapitalismus sei einigermaßen gebändigt, und die Weltwirtschaftskrise 1929/30 sei das letzte große Fiasko gewesen.
Nach der Weltwirtschaftskrise war man vorsichtiger geworden und erkannte, dass auf die "Selbstheilungskräfte" der Märkte nicht gebaut werden kann. Die führenden Industrienationen gingen auf eine mehr regelnde Wirtschaftspolitik über, die soziale Erfordernisse mit einbezog. Allerdings hielt diese Phase nicht lange an, die marktradikalen Kräfte gewannen wieder an Einfluss, zunächst mit dem Monetarismus Ende der 70er Jahre bis hin zum Neoliberalismus unserer Tage.
Die neoliberale Politik der rot-grünen und rot-schwarzen Regierungen
Die rot-grüne Regierung unter Schröder erlangte in der Durchsetzung neoliberaler Politik traurige Berühmtheit. Sie kürzte radikal wie vorher keine andere Regierung soziale Leistungen des Staates, erließ Gesetze zur Einführung von Niedriglohn, lockerte den Kündigungsschutz und kürzte die Sozialleistungen für Arbeitslose. Sie machte den Weg frei einerseits zum "heuern und feuern" der Arbeitnehmer und andererseits zu riesigen Gewinnen der Unternehmen. Die prekäre Beschäftigung nahm extrem zu, die Einkommensschere zwischen Reich und Arm öffnete sich weiter, und die Armut weiter Bevölkerungsschichten, insbesondere die Kinderarmut erlangte bisher nicht gekannte Ausmaße. Viele Menschen werden im reichsten Land der Erde nicht mehr satt, Armenküchen sog. "Tafeln" stillen den ärgsten Hunger vieler Menschen. Während nach dem Wochenbericht des DIW von 2007 das reale Nettoeinkommen von 2000-2006 beim reichsten Zehntel der Bevölkerung um 18% gestiegen ist verlor das ärmste Zehntel 18% seines Nettoeinkommens. Allein im Jahr 2004 stiegen die Einkommen der Unternehmen und der Vermögensbesitzer um elf Prozent.
Die andere Seite der Politik von SPD (und jetzt in der Großen Koalition zusammen mit der CDU) sind milliardenschwere Steuergeschenke für die Reichen und die Unternehmen in unserer Republik. In den Jahren 2000 bis 2004 erhielten die GmbHs und Aktiengesellschaften mehr als 60 Milliarden Steuergeschenke. Noch voriges Jahr, als die Krise bereits prognostiziert wurde, hat die Regierung eine Unternehmenssteuerreform durchgeführt, die dem Staatshaushalt rund 10 Milliarden € Einnahmeverluste bescherte, wie Professor Dr. Jarass, Wiesbaden, errechnet hat.
Die rot-grüne Regierung hat nicht nur die Armen ärmer und die Rechen reicher gemacht, sondern sie hat auch Hedge-Fonds, die in der Finanzbranche als "Raider" (englisch Räuber) bezeichneten Finanzinvestoren, mit dem Gesetz zur Investionsmodernisierung ab 2004 zugelassen. Sie hat zugleich den Verkauf von Unternehmen durch Hedge-und Privat Equity-Fonds - genannt die "Heuschrecken" - erleichtert, indem sie den Verkauf von Beteiligungen an Unternehmen steuerlich freigestellt hat. Damit war der Boden bereitet für die breite Übernahme sowohl von Privatunternehmen als auch von Öffentlichen Einrichtungen durch die "Heuschrecken".
Die "Heuschrecke" profitiert von der neoliberalen Politik
Davon hat auch der britische Finanzinvestor Dawnay Day profitiert. Er hat, da KarstadtQuelle in finanziellen Schwierigkeiten war, die Hertie-Filialen steuerfrei zu einem günstigen Preis gekauft und stößt sie nun steuerfreigewinnbringend wieder ab. Das alles geschieht nicht nur mit den Gebäuden und Einrichtungen, sondern auch mit den dort arbeitenden Arbeitskräften. Da aber die Arbeitskraft in der Realität nicht vom Menschen zu trennen ist, werden hier Menschen regelrecht verscherbelt, ohne deren Einwilligung einzuholen.
Jetzt aber, mit der bevorstehenden Schließung der Hertie-Filialen steht den Menschen - den Arbeitnehmern das endgültige "Aus" bevor: Sie verlieren ihren Arbeitsplatz und vielfach auch ihre Existenz. Die Arbeitnehmer, die sich bei geringer Entlohnung (wie im Einzelhandel üblich) z. T. 30 Jahre lang abgestrampelt haben, werden nun (einige mit einer kleinen Abfindung) sozusagen in die Wüste geschickt. Denn der Arbeitsmarkt ist seit Jahren eine Wüste: Die Arbeitslosigkeit steigt bereits wieder und Vollzeitstellen sind kaum zu finden. Wenn eine Stelle angeboten wird, dann entweder befristet oder in Teilzeit und bei so geringer Bezahlung, dass das Einkommen oft nicht zum Überleben ausreicht. Diese prekären Arbeitsverhältnisse sind das Resultat der arbeitnehmerfeindlichen Politik der rot-grünen und rot-schwarzen Regierungen.
Forderungen der Partei DIE LINKE
Seit Wochen erhalten Finanzunternehmen milliardenschwere Zuwendungen aus Steuergeldern. Hier spannt der Staat einen Schutzschirm für die Eigentümer auf, für jene, die diese Finanzkatastrophe verursacht haben. Die LINKE fordert für die Unschuldigen an dieser Finanz- und Konjunkturkrise, für die 49 Arbeitnehmer von Hertie in Mettmann und Alt-Erkrath von der Landesregierung NRW und den beiden Städten sowie dem Kreis Mettmann ebenfalls einen Schutzschirm. Dieser sollte Angebote über angemessene Arbeitsplätze und finanzielle Stützungsmaßnahmen enthalten.
Was aber passiert, nachdem beide Hertie-Filialen geschlossen worden sind? Droht hier, an beiden Standorten, die Verödung und der Abriss, wie es in Mettmann mit dem angrenzenden Schulgrundstück geschehen ist? Die beiden Stadtverwaltungen haben offensichtlich keine Konzepte, wie dieser Situation zu begegnen ist. Die Bürgermeister erklärten lediglich, die Hertie-Häuser erhalten zu wollen, um Käufer in die Innenstädte zu holen, damit auch die anderen Geschäfte davon profitieren. In Erkrath soll die Bahnstraße nicht noch mehr Kundschaft verlieren, wie befürchtet wird. Und in Mettmann steht die geplante Geschäftspassage, das sog. Kö-Karree in Frage, das ja Hertie und die Innenstadt verbinden soll, um so die rückläufige Kundschaft wieder nach Mettmann zu locken.
Aus den dürftigen Mitteilungen der Bürgermeister ist zu entnehmen, dass die Erhaltung und Vergrößerung der Verkaufsflächen in den Innenstädten von Mettmann und Erkrath das vorrangige Ziel ist, obwohl in beiden Städten viele Geschäfte leer stehen.
Diese recht einfach gestrickten Konzepte sind nicht geeignet, die Standortprobleme in beiden Innenstädten zu lösen. Sicherlich sollten unbedingt die Hertie-Häuser erhalten werden, allerdings müssen hier die Wünsche der Bürger mit einbezogen werden, wenn neue Investoren die Häuser erwerben wollen. Die Linke fordert von beiden Stadtverwaltungen tragfähige Innenstadtkonzepte, bei denen nicht immer noch größere Verkaufsflächen die zentrale Rolle spielen, denn weder Mettmann noch Erkrath sind auf diesem Gebiet konkurrenzfähig zu den riesigen Einkaufszentren von Düsseldorf, Essen, Wuppertal usw. Was Not tut ist ein differenziertes Warenangebot für den täglichen Bedarf und eine angenehme Atmosphäre in der Innenstadt, in der sich die Bürger wohl fühlen. Das sollte im Mittelpunkt stehen für die noch auszuarbeitenden Innenstadtkonzepte in Mettmann und Erkrath